Smartphones in der Augenheilkunde

Smartphones werden in den verschiedenen medizinischen Fachbereichen im klinischen Alltag zunehmend zu unterschiedlichen Zwecken verwendet. Einer der Gründe für diesen Boom ist die große Anzahl von medizinischen „Apps“ oder Anwendungen, die meisten auf Englisch. Anwendungen wie Visus-und Farbsehtafeln, Pupillenmessgeräte, Fluoreszeinlicht und kleine Taschenlampenfunktion, pädiatrische Fixierungsziele, Amsler-Gitter und Rot-Entsättigungstests sind auf dem Smartphone verfügbar und können in Situationen verwendet werden, in denen eine Standarduntersuchung nicht ohne weiteres möglich oder verfügbar ist, wie zum Beispiel bei Patienten auf fremden Stationen oder im Notfallraum. Bei Anwendung dieser Apps sollt man sich darüber im Klaren sein, dass dies nicht unbedingt standardisierten Bedingungen entspricht.

Eine Alternative zu Geräten im Praxissetting bietet die Fotografie mit Smartphones. Es gibt durchaus Situationen, wie z. B. im Notfallraum, in denen das Smartphone zur Dokumentation eines Befundes wie Verletzungen, zur Vorderabschnittsdokumentation oder Fundusaufnahmen, ja sogar indirekter Ophthalmoskopie herangezogen werden kann.

Mit einem Fingerwisch können Sie Klassifikationen und Grading-Systeme wie die Kammerwinkelanatomie, Ausprägung einer Iritis, der diabetische Retinopathie, eines Makulaforamens, eines Sehnervödems oder Melanoms, ebenso wie Hinweise zu Medikamentenanwendungen, Dosierungen und Laborwerte haben. Kalkulatoren enthalten nützliche Anwendungen wie z. B. einen IOL-Rechner.

 

Nützliche Apps (teilweise Registrierung erforderlich):

  1. PubMed on tap- Pubmed und PubMed central als App für wissenschaftliche Referenzinformationen aus veröffentlichten Artikeln
  2. Diverse Amsler-, Gitter-, Ishihara-, Farbseh-oder Sehschärfen-Test-Apps
  3. Atlas of Ophthalmology by Onjoph for IOS – Atlas mit klinischen Bilder von Augenerkrankungen
  4. Eyetube – bietet kostenlosen digitalen Zugang zum weltweit größten Online-Video-Archiv für Augenärzte
  5. Eye Handbook – ist u.a. eine Referenz-App für Diagnosen und Therapien.
  6. Smart optometry – mit 16 kostenlosen interaktiven, präzisen und einfachen Augenuntersuchungen in 9 Sprachen
  7. Medscape – liefert schnelle und genaue klinische Antworten am Point-of-Care.
  8. Omnio – gibt Ihnen schnellen und einfachen Zugang zu wichtigen und relevanten medizinischen Informationen
  9. Axis assistant – nützlich für Markierung der Hornhaut bei torischen IOL
  10. Optodrum für IOS – ist ein einfach zu benutzender Ersatz für eine sperrige optokinetische Trommel
  11. Parks Three step – wird verwendet, um den paretischen Muskel bei erworbener vertikaler Diplopie zu isolieren.
  12. Google docs – zeitgleich mit anderen Dokumente erstellen und bearbeiten
  13. Genius scan – kann Dokumente unterwegs scannen und als JPEG- oder mehrseitige PDF-Dateien exportieren.

(Eigenrecherche VSE – subjektive Auswahl ohne Gewähr)

Was bedeutet das neuro-okulare Syndrom bei Astronauten für die bemannte Raumfahrt?

Bei Astronauten der International Space Station (ISS) wurden Veränderungen der Augen festgestellt, die Bedenken aufkommen lassen, was zukünftige Weltraummissionen zum Mars und anderen Zielen betrifft. Bisher nicht beschriebene pathologische, systemische und neuro-ophthalmologische Reaktionen wurden erstmals bei Astronauten während und nach Langzeit-Raumflügen beschrieben. Zu der komplexen Klinik des Space Flight-Associated Neuro-Ocular Syndroms (SANS) gehört ein- oder beidseitiges Papillenödem, Bulbusabflachung, Aderhaut- und Netzhautfalten, Hyperopisierung und Nervenfaserschicht-Infarkte. Das Syndrom teilt einige Ähnlichkeiten mit der auf der Erde bekannten Idiopathischen intrakraniellen Hypertension, während gleichzeitig dafür typische Symptome wie beidseitiges Auftreten, chronische Kopfschmerzen und Puls-synchronisierter Tinnitus fehlen. Eine Hypothese versucht SANS durch eine Verschiebung der cerebro-spinalen Flüssigkeit in der Schwerelosigkeit zu erklären. Jedoch sind die Veränderungen individuell sehr verschieden, treten meistens relativ rasch nach dem Start auf, schreiten langsam voran und korrelieren in der Schwere mit der Dauer der Mission. SANS unterliegt weiterer Forschungsanstrengungen, insbesondere unter der Berücksichtigung kommender bemannter Missionen ins All, wie Reisen zum Mond oder Mars.


Space Flight-Associated Neuro-ocular Syndrome, Lee AG, JAMA Ophthalmol. 2017 Jul 20

Hilft Magnesium gegen nächtliche Wadenkrämpfe?

Trotz mangelnder Evidenz wird Magnesium für die Prophylaxe von nächtlichen Wadenkrämpfen flächendeckend eingesetzt. Diese randomisierte, doppelt-verblindete und Placebo-kontrollierte Studie befasste sich mit der Fragestellung, ob die Verabreichung von Magnesiumoxid einen positiven Einfluss auf nächtliche Wadenkrämpfe im Vergleich zu Placebo hat.

Ergebnis: in den beiden Gruppen gab es keine Unterschiede, was sowohl die Heftigkeit und Dauer der Wadenkrämpfe, wie auch Schlaf- und Lebensqualität betrifft.


Roguin Maor N et al, JAMA Intern Med. 2017 May 1;177(5):617-623. Effect of Magnesium Oxide Supplementation on Nocturnal Leg Cramps: A Randomized Clinical Trial.

Der Spiegel des zirkulierenden Serum-Fettsäure-bindenden Proteins 4 (FABP4) sagt die Entwicklung einer diabetischen Retinopathie bei Typ-2-Diabetikern voraus.

FABP4-Serumkonzentrationen werden mit Adipositas-assoziierten metabolischen und kardiovaskulären Störungen, Schlaganfall, T2DM und Gestations-Diabetes mellitus in Verbindung gebracht und haben sich als Marker für metabolische Risiken und metabolisches Syndrom etabliert.

Ein Zusammenhang zwischen FABP4-Blutkonzentrationen und mikrovaskulären Erkrankungen wie die diabetische Retinopathie (DR) wurde jedoch bisher nicht untersucht. In dieser Kohortenstudie wurde der Serum-FABP4-Spiegel bei Typ-2-Diabetikern ohne DR bei Erstvorstellung bestimmt, um einen möglichen Bezug von FABP4 zu einem erhöhten Risiko der Entwicklung einer DR innerhalb von 5 Jahren herstellen zu können. Insgesamt wurden 738 Patienten mit Typ-2-Diabetes ohne DR einbezogen und prospektiv nachuntersucht. Es folgte über 5 Jahre eine jährliche augenärztliche Kontrolle der Netzhautsituation. Während der Nachbeobachtungszeit entwickelten 20 % der Patienten DR und 8 % der Patienten Visus-beeinträchtigende DR (VTDR). Statistisch konnte eine positive Korrelation zwischen dem Serum-FABP4-Spiegel und der internationalen Skala für Klinische Diabetische Retinopathie-Schweregrade festgestellt werden. Nach Anpassung bezüglich anderer etablierter Risikofaktoren wurden in multivariaten Modellen, die das dritte und vierte Quartil mit dem ersten Quartil des FABP4 verglichen, FABP4-Werte mit Entwicklung einer DR assoziiert. Das bereinigte Risiko erhöhte sich um 124 % bzw. 227 %. In ähnlicher Weise stieg das bereinigte Risiko für die Entwicklung einer VTDR um 140 %, bzw. 278 %. Obwohl eine mögliche kausale Beziehung zwischen FABP4 und Entwicklung einer DR noch nicht klar ist, bestätigen die Autoren, dass FABP4 ein starker und unabhängiger prognostischer Marker für DR und VTDR bei Patienten mit Typ-2-Diabetes ist. Mögliche Mechanismen könnten sein: eine assoziierte Entzündung, oxidativer Stress, ein möglicher Einfluss von FABP4 auf Arteriosklerose und Insulinresistenz und ein in letzter Zeit postulierter durch FABP4-induzierter Stress für das endoplasmatische Retikulum. FABP4 zeigt das Potenzial, ein neuer Biomarker für DR-Vorhersage bei chinesischen Patienten mit T2DM sein zu können, wobei folgerichtig bei T2DM-Patienten mit FABP4 Werten im höchsten Quartilenbereich eine strikte glykämische Kontrolle und häufigere Netzhautuntersuchungen empfohlen werden.


Zhang XZ, Tu WJ et al, AM J Ophthalmol . 2018 Mar;187:71-79.

Neue klinisch relevante Erkenntnisse des Diabetic Retinopathy Clinical Research (DRCR) Network

Der Sinn dieser Übersichtsarbeit besteht darin, neueste klinisch relevante Ergebnisse DRCR Netzwerkes vorzustellen, die bei der Behandlung des diabetischen Makulaödems (DME) oder der proliferativen diabetischen Retinopathie (PDR) hilfreich sein könnten:

Bei Augen mit DME und einer Sehschärfe von 20/50 oder schlechter zeigte Aflibercept im Durchschnitt eine deutlichere Verbesserung der Sehschärfe über 2 Jahre im Vergleich zu Bevacizumab oder Ranibizumab. Aflibercept zeigt im Vergleich zu Bevacizumab oder Ranibizumab bei Patienten mit PDR und einer Sehschärfe beeinträchtigendem DME zu Beginn der Studie ein besseres Ansprechen bezüglich der Schwere der Retinopathie. Bei Augen mit persistierendem zentralen Makulaödem, die bereits mindestens sechs Injektionen mit Anti-VEGF erhalten hatten, wurde kein Unterschied in der Zunahme des durchschnittlichen Sehvermögens bei Augen beobachtet, die entweder fortgesetzte Ranibizumab- und Scheininjektionen im Vergleich zu Ranibizumab und intravitreales Dexamethason-Implantat erhielten. Dies gilt insbesondere für phake Augen. Bei Augen mit PDR zeigte Ranibizumab im Vergleich zur panretinalen Photokoagulation eine niedrigere mit PDR assoziierte Komplikationsrate, insbesondere bei Augen, die Ranibizumab (bei zentralem DME) bis zum Studienbeginn noch nicht erhalten hatten. Ranibizumab ist kosteneffektiv für die Behandlung der PDR bei Augen mit Visus-beeinträchtigendem, zentral-involviertem DME, jedoch nicht ohne. Dies zeigt umso mehr eine Herausforderung bei der Wahl einer Therapie, wenn Sicherheits- und Wirksamkeitsergebnisse im Widerspruch zu Kosteneffizienz stehen.

Zusammenfassung: Aflibercept erzielt unter bestimmten Umständen bei der Anwendung für DME eine bessere Sehschärfe und ein besseres anatomisches Ergebnis als Bevacizumab oder Ranibizumab.Vor allem bei phaken Augen sind keine Vorteile bzgl. der Sehschärfe messbar, wenn bei persistierendem DME nach anti-VEGF-Injektionen intravitreale Kortikosteroid-Implantate hinzugefügt werden.


Krick, Tracy W.; Bressler, Neil M., Current Opinion in Ophthalmology: March 9, 2018 – Volume Publish Ahead of Print

Vergleichende Analyse der Sicherheit und Wirksamkeit von intrakameralem Cefuroxim, Moxifloxacin und Vancomycin am Ende der Kataraktoperation: Eine Meta-Analyse

Obwohl die intrakamerale Verabreichung von Antibiotika weitgehend üblich ist, gibt es keinen Konsens über die beste prophylaktische Therapie oder den Verabreichungsweg, eine postoperative Endophthalmitis (POE) zu vermeiden. Ziel dieser Studie war es, die Sicherheit und Wirksamkeit von intrakameralem Cefuroxim (ICC), Moxifloxacin (ICM) und Vancomycin (ICV) als prophylaktische Therapie zur Prävention von POE zu bewerten. Die Autoren führten eine systematische Überprüfung und Meta-Analyse der relevanten Literatur durch. Als primäres Ergebnis wurde die Inzidenz einer Endophthalmitis nach Katarakt-Chirurgie definiert. Es wurden 17 Studien mit insgesamt 900000 Teilnehmern eingeschlossen, in denen am Ende der Katarakt-Operation ein intrakamerales Antibiotikum eingesetzt wurden. Die durchschnittliche postoperative Endophthalmitis-Inzidenzrate nach intrakameraler Gabe von Cefuroxim, Moxifloxacin und Vancomycin lag bei 0,0332 %, 0,0153 % und 0,0106 %. Sekundäranalysen zeigten keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen intrakameralen plus topischen Antibiotika gegenüber intrakameraler allein (P > 0,3), somit könnten IC-Antibiotika allein genauso wirksam sein wie IC plus postoperative topische Antibiotika; jedoch fehlt ein direkter Vergleich und die Uneinheitlichkeit der topisch angewendeten Antibiotika lässt einigen Interpretationsspielraum zu. Weiterhin zeigten diese Daten, dass die Anwendung von ICV, wenn auch sehr selten, mit einer hämorrhagischen okklusiven retinalen Vaskulitis (HORV) assoziiert sein kann. Bei Anwendung von ICC zeigten sich minimale toxische Ereignisse bei Standarddosen. ICM war das bezüglich der Sicherheit am besten untersuchte Antibiotikum und zeigte bei allen untersuchten Konzentrationen ein niedriges Toxizitätsprofil.


Bowen RC1, Zhou AX2, Bondalapati S et al. Br J Ophthalmol. [Epub ahead of printt, doi: 10.1136/bjophthalmol-2017-311051.

Kanalikuläre Tränenwegverletzung: früh oder spät operieren?

Die Verletzung des kanalikulären Tränenweges wurde lange Zeit als ophthalmologischer Notfall angesehen; eine angestrebte Rekonstruktion innerhalb von 48 Stunden gilt vielerorts als ungeschriebenes Gesetz.

Ziel dieser Studie war es herauszufinden, inwieweit eine verzögerte operative Versorgung das Endergebnis beeinflusst. In dieser retrospektiven Studie wurden diesbezüglich 334 Patienten untersucht. Es wurden dazu zwei Gruppen gebildet: in Gruppe 1 wurden Patienten zugeteilt, die innerhalb von 48 h nach Trauma operiert werden sollten, in Gruppe 2 diejenigen, die später als 48 h operativ versorgt wurden. Grund für einen verzögerten Eingriff war, dass die Patienten aufgrund verschiedener Ursachen nicht gleich operationsfähig waren.

Es wurden im Anschluss die anatomischen postoperativen Ergebnisse der zwei Gruppen verglichen. Unter den 301 Patienten gab es 23 Fälle (7,6 %) mit einem fehlgeschlagenen Operationsergebnis in der „innerhalb von 48 Stunden“-Gruppe und 3 fehlgeschlagene Fälle bei 33 Patienten (9,1 %), die später als 48 Stunden operiert wurden (P = .732). In beiden Gruppen betrug die durchschnittliche Operationszeit ca. 1 Stunde ohne signifikanten Unterschied.

Eine aufgeschobene Versorgung eines Tränenwegabrisses bei instabilen Patienten führt nicht zu schlechteren postoperativen Ergebnissen; eine OP innerhalb der ersten Woche ist ohne Qualitätseinbuße des postoperativen Ergebnisses möglich, da die Wunde in diesem Zeitraum nicht völlig verheilt ist und Wiedereröffnen der Granulationsränder nicht schwierig ist.


Chu YC, Am J Ophthalmol. 2017 Oct;182:155-159

Thrombozytenaggregationshemmer und gerinnungshemmende Medikamente beeinflussen das Ergebnis bezüglich der Sehschärfe bei exsudativer AMD in der BRAMD-Studie nicht.

In letzter Zeit haben mehrere populationsbasierte Studien eine mögliche Assoziation von Aspirin mit einem erhöhten CNV-Risiko bei AMD postuliert. Die Ergebnisse sind jedoch nicht eindeutig, da die randomisierten Studien und Met-Analysen nicht aussagekräftig und überzeugend genug waren.

Ziel dieser Studie war es, den Einfluss von Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulanzien (AP/AC) bei Patienten mit bereits aktiver neovaskulärer altersbedingter Makuladegeneration (N-AMD) auf die Sehschärfe zu bestimmen. Die Beobachtungszeit lag bei 12 Monaten unter monatlicher Anwendung bei anti-VEGF-Injektionen (Ranibizumab, Bevacizumab). 330 Augen von 330 Patienten mit aktiver n-AMD aus der BRAMD-Studie (eine Vergleichsstudie zwischen Bevacizumab und Ranibizumab in den Niederlanden) wurden daher in einer retrospektiven Analyse untersucht.

Insgesamt verwendeten 40,9 % der Patienten AP/AC-Medikamente, in 73,3 % handelte es sich dabei um Aspirin. Die AP/AC-Einnahme war nicht mit einer Sehverschlechterung (korrigierte Odds Ratio [OR] 0,79; 95 %-Konfidenzintervall [CI] 0,43-1,44) oder schwerer Sehverschlechterung (adj. OR 0,75; 95 % CI 0,40-1,43) assoziiert. Patienten unter AP/AC zeigten vergleichbar häufig Blutungen (27 % gegenüber 32 %, P = .32).

Ähnliche Ergebnisse wurden gefunden, wenn die Analyse auf Aspirin-Anwender beschränkt wurde.

Weitere Daten dazu werden von der groß angelegten, noch laufenden Studie „ASPRirin in Reducing Events in the Elderly“ (ASPREE) erwartet, die die Anwendung von niedrig dosiertem Aspirin als primäre Prävention gegenüber den Risiken bei älteren Patienten abwägen soll.

Buitendijk GHS et al, Am J Ophthalmol. 2018 Mar;187:130-137