Sicherheit und Wirksamkeit von Gentherapien bei monogenetischen Netzhaut- und Sehnervenerkrankungen

Ein systemisches Review

Dazu wurde im Februar 2021 eine umfassende Literaturrecherche für klinische Studien durchgeführt. Insgesamt wurden 47 Volltextpublikationen, 50 Konferenzabstracts und 54 Registereinträge für klinische Studien, die DNA-basierte okulare Gentherapie-Verfahren für 16 verschiedene genetische Varianten beschreiben, identifiziert. Zusammenfassungen der Studien und Darstellungen der Sicherheits- und Wirksamkeitsergebnisse wurden weiterhin für 20 Volltextpublikationen zu RPE65-vermittelten Netzhautdystrophien, Chorioderemie, LHON, Stäbchen-Zapfen-Dystrophie, Achromatopsie und x-chromosomaler Retinoschisis veröffentlicht.
Die häufigsten unerwünschten Ereignissen standen in Zusammenhang mit Auffälligkeiten des Lides, der Augenoberfläche, sowie der Hornhaut in Studien zur subretinalen Gentherapie beziehungsweise mit einer Uveitis anterior in Studien zur intravitrealen Gentherapie.
Es gibt ein hohes Maß an Variabilität in okulären monogenen Gentherapiestudien in Bezug auf das Studiendesign, die statistische Methodik und die Berichterstattung über Sicherheits- und Wirksamkeitsergebnisse.

Ziel des Review soll es sein, Zugänglichkeit und Transparenz bisheriger Gentherapiestudien zu verbessern.

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Britten-Jones AC, Jin R, Gocuk SA, Cichello E, O’Hare F, Hickey DG, Edwards TL, Ayton LN. The safety and efficacy of gene therapy treatment for monogenic retinal and optic nerve diseases: A systematic review. Genet Med. 2022 Mar;24(3):521-534

Ein Überblick über Smartphone-Apps für die Berechnung und Ausrichtung torischer Intraokularlinsen

Smartphone-Apps werden in der Augenheilkunde immer beliebter. Ein spezifischer Anwendungsbereich ist die Kataraktchirurgie mit torischen Intraokularlinsen (IOL) zur Korrektur einer Hornhautverkrümmung.
Ziel dieser Analyse ist es, Smartphone-Apps zu identifizieren, zu überprüfen und objektiv zu bewerten, die für die Berechnung der torischen IOL und/oder die Achsenausrichtung geeignet sind. Diese Überprüfung wurde in drei Phasen unterteilt, welche in in vier großen App-Datenbanken durchgeführt wurde (Phase I): National Health Service (NHS) Apps Library, Google Play Store, Apple App Store und Amazon Appstore. Dann wurde in Phase II eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, um Studien für eingeschlossene Apps in Phase I unserer Studie zu identifizieren. Die eingeschlossenen Apps wurden von drei unabhängigen Gutachtern mit der Mobile App Rating Scale (MARS) objektiv bewertet (Phase III), einem validierten Tool, das die Qualität mobiler Gesundheits-Apps anhand eines berechneten Mittelwerts der App-Qualität (MAQ) bewertet. In Phase I der Studie wurden 2428 Smartphone-Apps gescreent, von denen sechs Apps für die torische IOL-Berechnung und vier Apps für die Achsenmarkierung geeignet waren und für die quantitative Analyse ausgewählt wurden. In Phase II wurden 477 Studien von PubMed, Medline und Google Scholar gescreent. Es wurden drei Studien identifiziert, in denen zwei Apps (toriCAM, iToric Patwardhan) in einem klinischen Umfeld als zusätzliche Tools für die präoperative Achsenmarkierung validiert wurden. Die Überprüfung identifizierte und bewertete objektiv zehn Smartphone-Apps, die als torische IOL-Operationshilfsmittel verfügbar sind. Phase III stufte Toric Calculator for iPhone (Apple iOS, MAQ 4,13; durchschnittlicher MAQ 3,34 ± 0,54) als den am besten bewerteten torischen IOL-Rechner ein, und iToric Patwardhan (Android OS, MAQ 4,13; durchschnittlicher MAQ 3,41 ± 0,44) war der am besten bewertete Achsenmarker in der Studie. Die aktuelle, wenn auch begrenzte Literatur deutet darauf hin, dass Smartphone-Apps zur Achsenmarkierung im Vergleich zu digitalen Systemen ein ähnliches Maß an Astigmatismusreduktion erreichen können.

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Scantling-Birch Y, Naveed H, Mukhija R, Nanavaty MA. A Review of Smartphone Apps Used for Toric Intraocular Lens Calculation and Alignment. Vision (Basel). 2022 Feb 18;6(1):13.

Weniger Augenverletzungen durch Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern 

Erhebungen zufolge kam es zu den Jahreswechseln 2016/2017 bis 2019/2020 zu jeweils etwa 500 Fällen von Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper. 25 % der Betroffenen erlitten demnach so schwere Schäden, dass sie stationär versorgt werden mussten.
Durch das Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk hat es laut einer Umfrage der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft an 75 Kliniken zufolge vor einem Jahr 80 Prozent weniger Augenverletzungen gegeben. Unbeteiligte, Kinder und Jugendliche, traf es besonders häufig. Der Anteil der Minderjährigen betrug bis zu 40 Prozent, obwohl sie kaum 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Bei 40 Prozent der Verletzen ist den Angaben zufolge ein dauerhafter Sehbeeinträchtigung zu erwarten. Durch das Böllerverbot sank die Verletztenzahl in den Augenkliniken drastisch auf 79 ab. Zugleich fiel der Anteil der verletzten Minderjährigen auf 25 Prozent.
Augenärzte sprechen sich nun dafür aus, privates künftig durch gemeinschaftliches, professionell organisiertes Feuerwerk zu ersetzen, um schwere Augenschäden zu verhindern.

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https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/129768/Boellerverkaufsverbot-fuehrt-zu-weniger-Augenverletzungen

Augenkomplikationen nach Impfung gegen COVID-19

Eine Retrospektive nach einem Jahr

Etwa ein Jahr nach dem Impfstart gegen Covid-19 wurde in einer beträchtlichen Anzahl von Berichten und retrospektiven Fallstudien über mögliche Nebenwirkungen berichtet. In dieser Übersicht versuchen die Autoren, eine Beschreibung dieser Ergebnisse auf der Grundlage einer umfassenden Übersicht und statistischen Analyse der Literatur bereitzustellen. Von den 58 eingeschlossenen Studien waren 28 (48,3 %) Fallberichte, 5 (8,6 %) Fallserien, 22 (37,9 %) Leserbriefe und 3 (5,2 %) Foto Aufsätze. Insgesamt wurden 94 Patienten eingeschlossen (Durchschnittsalter von 90 Patienten mit Altersangabe: 46,9 ± 18,4 Jahre.) Von 91 Patienten mit dokumentiertem Geschlecht waren 50 (54,9 %) Frauen und 41 (45,1 %) Männer.
Von den 87 Fällen, in denen Impfstoffinformationen vorlagen, wurde BNT 162b2 mRNA SARS-CoV-2 (BioNTech/Pfizer, Mainz, Deutschland) 55 Mal (63,2 %) gemeldet, AZD1222 ChAdO×1 nCoV-19 (AstraZeneca, Cambridge, UK, auch als Impfstoff des CoviShield Serum Institute of India vermarktet) 20 Mal (22,9 %), Moderna COVID-19 Vaccine (ModernaTX, Inc., Cambridge, MA, USA) 6 Mal (6,9 %), BBIBP-CorV ( Sinopharm, Peking, China) 3 Mal (3,4 %), Corona Vac (Sinovac Biotech Ltd., Peking, China) 2 Mal (2,3 %) und Gam-COVID-Vac/Sputnik V (Gamaleya Institute, Moskau , Russland) einmal (1,1 %).
81 Mal angegeben, nach der wievielten Impfung unerwünschte Nebenwirkungen auftraten: 45 (55,6 %) Fälle nach der ersten Dosis, 35 (43,2 %) nach der zweiten und einer (1,2 %) nach einer 3. Dosis (Auffrischimpfung).

In der Literaturrecherche wurden zahlreiche ophthalmologische Nebenwirkungen nach der COVID-19-Impfung gefunden. In erster Linie werden hier Mechanismen und klinische Überlegungen für Phänomene, die mehrfach aufgetreten sind, diskutiert.

Augenlid: Von den 2 Berichten (6 Patienten) waren 5 von 6 Patienten (83,3 %) weiblich und das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Präsentation des bilateralen Oberlidödems betrug 48,7 ± 13,5 Jahre [17,18]. In allen Fällen lösten sich die Beschwerden innerhalb von etwa zwei Wochen auf.

Orbita: Insgesamt drei Berichte (3 Patienten, 4 Augen) kommentieren orbitale Manifestationen: Obere Augenvenenthrombose bei nachgewiesener sekundärer Immunthrombozytopenie und Tolosa-Hunt-Syndrom.

Hornhaut: In 11 Berichten (15 Patienten, 18 Augen) werden Hornhautmanifestationen nach Impfung gegen COVID-19 beschrieben. Von diesen 15 Patienten waren 9 (66,7 %) weiblich und 6 (33,3 %) männlich. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 61,33 ± 15,5 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zum Auftreten von Augensymptomen betrug 11,8 ± 6,2 Tage. Häufigst beschrieben wurde eine Transplantatabstoßung.

Uveitis: Angesichts der starken Assoziation zwischen Uveitis und immunologischen Phänomenen ist ein Zusammenhang zwischen der Impfung gegen COVID-19 und Uveitis zu erwarten. In 14 Uveitis-Berichten wurden 34 Patienten (44 Augen) gemeldet. Es handelt sich dabei sowohl um neue aufgetretene Uveitiden wie auch ein Wiederaufflackern präexistenter Krankheitsbilder. Bei den 34 Patienten betrug die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung von Augensymptomen 8,0 ± 8,6 Tage

Netzhaut: In 12 Berichten (14 Patienten, 19 Augen) werden retinale Manifestationen nach Impfung gegen COVID-19 beschrieben: Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 24,8 ± 4,8 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung ophthalmologischer Symptome betrug 3,1 ± 2,4 Tage. Am häufigsten wurde eine akute makuläre Neuroretinopathie beschrieben (AMN).

Netzhautgefäßerkrankungen: Es liegen diesbezüglich 4 Berichte mit retinalen Venenthrombosen (CRVO, BRVO, HRVO) vor (5 Patienten, 6 Augen). Von diesen 5 Patienten waren 4 (80,0 %) männlich und 1 (20,0 %) weiblich. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 54,6 ± 18,1 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung der Augensymptome betrug 5,4 ± 6,6 Tage.

Neuroophthalmologie: Bei den 4 Berichten (5 Patienten, 8 Augen) waren alle 5 Patienten weiblich. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 48,0 ± 21,5 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung der Augensymptome betrug 8,6 ± 8,3 Tage. Die Mehrheit der Berichte befasst sich mit dem Auftreten einer Optikusneuritis.

Augenmotilitätsstörungen: Zu Lähmungen der Augenmuskeln nach Impfung gegen Covid-19 liegen 7 Berichte (9 Patienten (6 männlich, 3 weiblich), 10 Augen) vor. Das Durchschnittsalter betrug 45.3 +/-18.7 Jahre. Die durchschnittliche Dauer von der Impfung bis zum Auftreten der Symptome 8.8 +/- 9.4 Tage.

Die Autoren weisen auf folgende Schwächen dieser Meta-Analyse hin: es handelt sich nur um eine retrospektive Analyse und nicht um eine Kohortenstudie. Zudem kann die kausale Verknüpfung der aufgetretenen, unerwünschten Symptome nur aufgrund der zeitlich nahen Verknüpfung mit der Covid-Impfung nicht sicher hergeleitet werden. Es kann sich auch um zufällige Konstellationen, ohne Zusammenhang handeln.

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Haseeb AA, Solyman O, Abushanab MM, Abo Obaia AS, Elhusseiny AM. Ocular Complications Following Vaccination for COVID-19: A One-Year Retrospective. Vaccines (Basel). 2022 Feb 21;10(2):342.

 

Risikofaktoren für das Versagen einer Tubus-Shunt-Operation bei Glaukom

Eine gepoolte Datenanalyse

In dieser Analyse wurden Informationen von 3 prospektiven, multizentrischen, randomisierten, klinischen Studien gepoolt. Ziel war es, mögliche Risikofaktoren, die zum Versagen einer Glaukomimplantatoperation (Shunt mit Tubus) führen könnten, zu identifizieren.
621 Patienten mit medikamentös unkontrolliertem Glaukom wurden eingeschlossen, darunter 276 Patienten aus der Ahmed-Baerveldt-Vergleichsstudie, 238 Patienten aus der Ahmed-Versus-Baerveldt-Studie und 107 Patienten aus der Tube-gruppe der Tube-Versus-Trabekulektomie-Studie. Die Patienten wurden randomisiert einer Behandlung mit einem Ahmed-Glaukomventil (Modell FP7) oder einem Baerveldt-Glaukomimplantat (Modell 101-350) zugeteilt.

Als primärer Endpunkt wurde folgendes festgelegt: die Rate des chirurgischen Misserfolgs, definiert als Augeninnendruck (IOD) > 21 mmHg oder reduziert um < 20 % vom Ausgangswert, IOD ≤ 5 mmHg, Verlust der Lichtwahrnehmung, Reoperation wegen Glaukom oder Entfernung des Implantats.
Die kumulative Wahrscheinlichkeit zum Versagen eines Implantates betrug nach 5 Jahren 38,3 %.

In multivariablen Analysen ergaben sich folgende Baseline-Faktoren, die ein Versagen des OP-Verfahrens vorhersagten:

  • präoperativer IOD (≤ 21 mmHg im Vergleich zu IOD > 21 und ≤ 25 mmHg; Hazard Ratio (HR) = 2,34; 95 % Konfidenzintervall (KI) = 1,52–3,61; p < 0,001),
  • neovaskuläres Glaukom (HR = 1,79; 95 % KI = 1,28–2,52; p = 0,001),
  • randomisierte Behandlung (für Ahmed-Valve; HR = 1,36; 95 % KI = 1,04–1,78; p = 0,025) und
  • Alter (für 10 Jahre Altersrückgang; HR = 1,19; 95 % KI = 1,09-1,31; p < 0,001).

Also: Niedrigerer präoperativer IOD, neovaskuläres Glaukom, Ahmed-Implantation und jüngeres Alter der Patienten waren Prädiktoren für ein Versagen.
Diese Studie liefert den größten bisher prospektiv erhobenen Datensatz zur Tubus-Shunt-Chirurgie.

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Bowden EC, Choudhury A, Gedde SJ, Feuer WJ, Christakis PG, Savatovsky E, Han Y, Ahmed IIK, Budenz DL; ABC, AVB, and TVT Study Groups. Risk Factors for Failure of Tube Shunt Surgery: A Pooled Data Analysis. Am J Ophthalmol. 2022 Mar 11:S0002-9394(22)00094-0.

Management-Handbuch

Buchtipp: Für Kliniken, MVZ und Praxen der Augenheilkunde

In über 20 Beiträgen ausgewiesener Fachexperten deckt dieses Handbuch alle relevanten Managementfelder ab: Abrechnung, Personalmanagement, Digitalisierung, Umweltmanagement oder Hygienemanagement am Beispiel der SARS-CoV-2-Pandemie – Beiträge zu den häufigen Prozeduren und den Megatrends der Augenheilkunde sowie Interviews mit Experten aus verschiedenen Versorgungsmodellen runden das Handbuch ab. Best Practice-Beispiele, Checklisten und Umsetzungshilfen ermöglichen dem Anwender die Umsetzung in die eigene berufliche Praxis. Herausgegeben von Dr. rer. pol. Thomas Haupt und Dr. med. Martin A. Zeitz unterstützt von über 20 weiteren Autoren.

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