Hoffnung auf neuroprotektive und neuroregenerative Therapiemöglichkeiten

Forscher des Catalyst for a Cure ( CFC) Vision Restoration Teams, das von der Glaucoma Research Foundation, finanziert wird, berichteten in einer am 14. Dezember 2020 in PNAS (The Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlichten Studie, dass durch Hemmung einer bestimmten Gruppe von Enzymen möglich sein könnte, neue Therapien zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen wie Glaukom oder Morbus Alzheimer entwickeln zu können.
Die FCF-Forscher fassten die Bedeutung der Ergebnisse wie folgt zusammen: Beim Glaukom degenerieren die Ganglienzellen der Netzhaut und ihre Axone im Sehnerv nicht zeitgleich. Somit gibt es beim Voranschreiten der Erkrankung gleichzeitig funktionsfähige, zudem gestresste Zellen, wie auch solche, deren Axone vollkommen degeneriert sind. Zum Erhalt des Sehvermögens, sind daher unterschiedliche Strategien erforderlich, um zum einen gesunde Ganglienzellen zu schützen, Frühschäden zu reparieren und diejenigen zu regenerieren, die ihre Axone und Verbindung zum visuellen Gehirn verloren haben.
Bisher ging man fälschlicherweise davon aus, dass Ganglienzell-protektive Therapien immer auch die Regeneration unterstützen – also, dass Protektion, Reparatur und Regeneration durch dieselbe Therapiekategorie bedient werden können.
So kann zum Beispiel die Hemmung einiger Pfade Ganglienzellen schützen, aber gleichzeitig die Regeneration behindern. Dies gilt für einige Kinasenpaare wie zum Beispiel die Dual leucine zipper kinase (oder DLK) und die Leucine zipper-bearing Kinase (oder LZK).
Nun besteht endlich die Hoffnung, beide Ziele, Protektion und Regeneration mit einer einzigen therapeutischen Intervention zu erreichen. Das Labor von Dr. Derek Welsbie entdeckte mit dem Catalyst for a cure Team eine neue Strategie, die dies erreichen könnte.
Der therapeutische Ansatz basiert auf der Hemmung einer Familie von Molekülen namens GCK-IV (germinal cell kinase – oder Keimzellkinase IV) unter Verwendung eines einzelnen Medikamentes. Dieser Ansatz wirkt positiv laut CFC-Team sowohl auf das Überleben und Wachstum von retinalen Ganglienzellen, die aus Stammzellen im Labor gezüchtet wurden.

Mit dieser neuen Strategie könnte man also sowohl den Ganglienzellverlust verhindern, als auch mit der Weiterentwicklung von Zellersatztherapien den degenerierten Sehnerven wiederherstellen können.

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Inhibition of GCK-IV kinases dissociates cell death and axon regeneration in CNS neurons
Amit K. Patel, Risa M. Broyer, Cassidy D. Lee, Tianlun Lu, Mikaela J. Louie, Anna La Torre, Hassan Al-Ali, Mai T. Vu, Katherine L. Mitchell, Karl J. Wahlin, Cynthia A. Berlinicke, Vinod Jaskula-Ranga, Yang Hu, Xin Duan, SantiagoVilar, John L. Bixby, Robert N. Weinreb, Vance P. Lemmon, Donald J. Zack, Derek S. Welsbie
Proceedings of the National Academy of Sciences Dec 2020, 117 (52) 33597-33607; DOI:10.1073/pnas.2004683117