Künstliche Netzhaut aus dem Weltall

Das in den USA stationierte Unternehmen LambdaVision verwendet ein lichtaktives Protein namens „Bacteriorhodopsin“, um eine künstliche Netzhaut herzustellen. Schon in den 90er Jahren wurden erste Studien dazu veröffentlicht. Bacteriorhodopsin wird von Halobacterium salinarum synthetisiert, einem Mikroorganismus, der mit zu den ältesten Lebensformen auf der Erde gehört. Bacteriorhodopsin hat einige Ähnlichkeiten mit Rhodopsin. Beide Proteine enthalten Retinal, ein Chromophor als Schlüssel zur Absorption von Lichtenergie.

Bei Bacteriorhodopsin wird Lichtenergie in Stoffwechselenergie umgewandelt. Wenn Licht Bacteriorhodopsin aktiviert, werden Wasserstoffionen durch eine Membran gepumpt und erzeugen einen Protonengradienten, der eine Reaktion auslösen kann. In der künstlichen Netzhaut von LambdaVision wird gereinigtes Bacteriorhodopsin auf eine Ionen-durchlässige Membran geschichtet. Schicht um Schicht wird aufgetragen, um genügend Licht zu absorbieren und einen Ionengradienten zu erzeugen, der die neuronalen Schaltkreise der bipolaren und retinalen Ganglienzellen in der Netzhaut stimulieren kann. Jede der künstlichen Netzhäute enthält 200 Proteinschichten auf einer Netzmembran.

Je glatter diese Schichten sind, desto besser funktioniert das Implantat, aber die Schwerkraft auf der Erde steht dieser idealen Formbildung entgegen.

Deshalb beschloss LambdaVision, die Machbarkeit der Herstellung seiner perfekt glatten künstlichen Netzhaut im Weltraum zu untersuchen, in der Hoffnung, dass es in der Schwerelosigkeit ermöglicht werden könnte. In Kooperation mit Space Tango, einem weltraumgestützten Forschungsunternehmen, entwarfen sie automatisierte CubeLabs, kleine fernsteuerbare Mikrolabore, um die Experimente mit Eingaben von der Erde nahezu in Echtzeit durchführen zu können. Die NASA hat das Forschungsprojekt mit fünf Millionen US-Dollar unterstützt und schickte 2018 ein erstes CubeLab zur Internationalen Raumstation (ISS), gefolgt von vier weiteren Experimenten.

Nach Rückkehr des fünften CubeLabs zur Erde zeigten erste Analysen einen Erfolg: die 200-Schichten-Netzhäute sind im Inneren regelmäßiger als die, die auf der Erde in der Schwerkraft gebildet werden konnten. Drei weitere CubeLabs sollen innerhalb des nächsten Jahres auf der ISS eintreffen. LambaVision hofft, seine künstliche Netzhaut bis 2024 für Experimente mit Patienten mit fortgeschrittener Retinitis pigmentosa zur Verfügung stellen zu können. Bei positiven Ergebnissen sollen weitere Studien zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration folgen.

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Quellen:
https://www.gamingdeputy.com/gr/im-weltraum-hergestellte-netzhaut-kann-blindheit-heilen/
Chen Z, Birge RR. Protein-based artificial retinas. Trends Biotechnol. 1993 Jul;11(7):292-300. doi: 10.1016/0167-7799(93)90017-4. PMID: 7763952.
https://www.ophthalmologytimes.com/view/artificial-retina-engineered-from-ancient-protein-now-in-space