Registered reports

Welcher Teil einer wissenschaftlichen Studie – Hypothesen, Methoden, Ergebnisse oder Diskussionen – sollte außerhalb der Einflussnahme eines Wissenschaftlers bleiben? Die Antwort lautet natürlich: die Ergebnisse.

Dabei handelt es sich aber exakt um den Teil, der für die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit derzeit in renommierten Fachzeitschriften am wichtigsten ist. Dieses „Ergebnisparadoxon“ ist eine der Hauptursachen für unzuverlässige Wissenschaft. Mehrdeutige oder „unattraktive“ Ergebnisse werden (bewusst oder nicht) in publizierbare Fehlalarme umgewandelt, was wiederum zu Folgestudien und Theorien führt, die in sich zusammenbrechen und zu nichts führen können. Negative oder Null-Ergebnisse bleiben bisher eher unveröffentlicht und führen dazu, dass andere Forscher unwissentlich redundante Studien zum gleichen Thema durchführen.

Um diesen Bias zu verhindern, wurde bereits in den 70-er Jahren ein neues Konzept zur Anmeldung, Durchführung und Veröffentlichung von Studien lanciert, um ergebnisgetriebene Publikationen zu vermeiden: Registered reports. (RR)

Wie funktioniert das System mit RR?
Stufe 1: die Autoren schreiben ein Exposé, welches einen Überblick über die Hintergrundliteratur, Vorarbeiten, Theorie, Hypothesen und vorgeschlagenen Methoden, einschließlich des Studienverfahrens und des Analyseplans enthält. Bevor die Forscher die Studie durchführen, bewerten qualifizierte Gutachter (Peer Reviewer) den Wert und die Gültigkeit der Forschungsfrage, die Begründung der Hypothesen und die Genauigkeit der vorgeschlagenen Methoden. Sie können das Manuskript der Stufe 1 ablehnen, gleich akzeptieren oder erst dann annehmen, wenn das Studienvorhaben überarbeitet wurde.

Eine der herausragenden Eigenschaften von RR ist somit, dass hochgradig qualifizierte Gutachter den Autoren helfen können, das Protokoll zu verbessern während noch Änderungen möglich sind- ein eminenter Nachteil dieses Ansatzes ist es, dass Ideen noch vor Sicherung des Konzeptes oder von Daten absichtlich verzögert oder gestohlen werden können.

Nach Annahme der Studie wird diese offiziell registriert, wie geplant durchgeführt und veröffentlicht – völlig unabhängig von den Ergebnissen. Diese gesicherte Akzeptanz bedeutet, dass die Autoren die Ergebnisse präsentieren können, auch wenn sich ihre postulierte Hypothese nicht bestätigt oder die Ergebnisse „enttäuschend“ sind. Neuere Erkenntnisse zeigen, dass RRs zwischen 55 % und 66 % Nullbefunde melden – im Vergleich zu herkömmlichen Veröffentlichungen, bei denen die Rate zwischen 5 % und 20 % liegt.

Denkbar ist natürlich, dass sich Forscher für dieses Format entscheiden, wenn sie glauben, dass Nullbefunde wahrscheinlich sind. Und es gibt die nicht für RRs geeignet sind, wie z.B. solche, die die Auswirkungen nicht vorhersehbarer Ereignisse (wie Naturkatastrophen oder neu aufgetretene Krankheiten wie Covid-19) zeitnah erfassen möchten. Die Forscher können in Akutsituationen nicht Wochen oder gar Monate warten, bis ein Studienkonzept der Stufe 1 positiv begutachtet wurde.

Seit einigen Jahren haben jedoch mehr und mehr Zeitschriften in den Bereichen Neurowissenschaften und Psychologie begonnen, RRs anzunehmen und zu veröffentlichen.

Dieser Trend hat sich nun auch auf die Lebens- und Sozialwissenschaften ausgeweitet, um die Aussagekraft von Studien zu verbessern und Veröffentlichungen relevanter Fragestellungen ergebnisoffen zu garantieren.


https://www.nature.com/articles/d41586-019-02674-6