Was senkt Lipide besser: Ernährung oder Tabletten?
Im „Battle of Experts“ standen sich auf dem Diabetes-Kongress 2024 zwei Kontrahenten gegenüber: Es wurde diskutiert, wie sich Lipide am besten senken lassen. Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena vertrat die Auffassung: Lipidsenkung am besten über die Ernährung. Tim Hollstein vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel hielt dagegen und konterte mit: Lipidsenkung nur medikamentös.
Mit einer Ernährungsumstellung könne man das Low-Density Lipoprotein (LDL)-Cholesterin deutlich senken, konstatierte Lorkowski. Der Referent präsentierte die MoKaRi II-Studie, in die unter anderem Patienten mit erhöhten Triglyceriden (≥ 1,7 mmol/l) eingeschlossen wurden (Nutrients, 2024; DOI: 10.3390/nu16091261). Sie erhielten randomisiert eine an die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) angelehnte Diät, die allerdings etwas mehr Fette und Proteine, aber weniger Kohlenhydrate enthielt, „aber im Wesentlichen nicht weniger Vollkorn, sondern weniger Zucker“, hob Lorkowski hervor. Das LDL-Cholesterin sank bei allen Studienteilnehmer um 20 %, die Triglyzeride um 27 %. Getreide sei generell nicht zu verteufeln. In der β-gLUCAn-Studie wurde eine LDL-Cholesterinsenkung von 6,5 % erzielt, wenn die Teilnehmenden am Tag 80 Gramm Getreideflocken aßen (Frontiers in Nutrition, 2023; DOI: 10.3389/fnut.2023.1095245). „Das ist viel, eine normale Portion sind etwa 40 Gramm, aber Sie alle kennen die Hafertage als grundsätzliches Konzept“, so der Experte. Ein hoher Verzehr von Vollkorn schütze darüber hinaus vor koronarer Herzkrankheit, Typ-2-Diabetes und Dickdarmkrebs.
Ein Kritikpunkt in Bezug auf diese Ernährung sei die Compliance. Wie Lorkowski erläuterte, ist die bei einer lipidsenkenden Therapie aber nicht besser. Real-World-Daten zufolge nahm nach 36 Monaten nur noch etwa die Hälfte der Patienten PCDK9-Antikörper ein; nur 22 % blieben auf Ezetimib-Therapie und 20 % auf Statinen (Clinical Research in Cardiology, 2023; DOI: 10.1007/s00392-023-02257-6). Lorkowski räumte aber ein: Durch eine Ernährungsumstellung lässt sich nur das verbessern, was zuvor falsch gemacht wurde.
Je mehr man das LDL-Cholesterin senke, desto besser könne man Herz-Kreislauf-Erkrankungen verhindern, erläuterte Hollstein. Die Frage sei, ob man allein mit der Ernährung die von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) empfohlenen Grenzwerte, die sich je nach Risiko unterscheiden, erreichen könnte. Empfohlen wird beispielsweise eine Senkung auf unter 55 mg/dl für Personen mit sehr hohem Risiko.
Im Schnitt könne man mit einer Ernährungsumstellung eine Cholesterinsenkung von 10 bis 15 % erreichen. „Das hat damit zu tun, dass die Leber das meiste Cholesterin selbst produziert. Deswegen müssen wir auch da ansetzen, wenn wir das Cholesterin senken wollen“, so Hollstein.
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