Zentrale Hornhautdicke und das Risiko eines primären Offenwinkelglaukoms: Eine Mediationsanalyse mittels Mendelscher Randomisierung. Ist es andersherum als bisher gedacht?
Die zentrale Hornhautdicke (Central Corneal Thickness, CCT) als potenzieller Risikofaktor für das primäre Offenwinkelglaukom (POWG) bleibt weiterhin Gegenstand kontroverser Diskussionen. Ihre klinische Bedeutung für die Diagnose und Behandlung dieser Erkrankung wird immer wieder hinterfragt. Bemerkenswerterweise wurde ein umgekehrter Zusammenhang zwischen CCT und POWG hauptsächlich in Beobachtungsstudien festgestellt, die entweder den Augeninnendruck (IOP) in ihre Analysen einbezogen und ihn als Störfaktor behandelten oder Teilnehmer basierend auf den gemessenen IOP-Werten auswählten. Diese Ansätze könnten zu einer verzerrten inversen Assoziation zwischen CCT und POWG führen.
Eine Methode zur Prüfung eines kausalen Zusammenhangs zwischen CCT und POWG ist die Mendelsche Randomisierung (MR), eine instrumentelle Variablenanalyse, die genetische Varianten aus genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) als Instrumente nutzt. In dieser Studie wurden humangenetische Daten verwendet, um mit Hilfe von MR die Auswirkungen der CCT auf das Risiko eines POWG zu untersuchen und festzustellen, ob diese Auswirkungen durch Veränderungen des IOP vermittelt werden.
Es wurden 24 Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs), die mit der CCT assoziiert sind (p-Wert <5×10⁻⁸), aus einer GWAS (N=17.803) des International Glaucoma Genetics Consortium sowie 53 SNPs, die mit dem IOP assoziiert sind (p-Wert <5×10⁻⁸), aus einer GWAS der UK Biobank (UKBB) (N=97.653) eingeschlossen. Die Autoren analysierten die Beziehung dieser genetischen Instrumente zum POWG-Risiko anhand einer GWAS-Metaanalyse von 8.283 POWG-Fällen und 753.827 Kontrollen aus der UKBB und FinnGen.
Die MR-Analyse zeigte einen positiven Zusammenhang zwischen CCT und POWG. Eine MR-Mediationsanalyse ergab, dass 28,4 % des Gesamteffekts der CCT auf das POWG-Risiko durch Veränderungen des IOP vermittelt wurden.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen der meisten Beobachtungsstudien deutet diese Studie darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen CCT und primärem Offenwinkelglaukom möglicherweise umgekehrt ist: Eine höhere zentrale Hornhautdicke könnte mit einem erhöhten POWG-Risiko assoziiert sein.
Zukünftige Studien, die den Einfluss der CCT auf das POWG untersuchen, sollten daher vermeiden, den Augeninnendruck in ihre Analysen einzubeziehen oder Teilnehmer basierend auf gemessenen IOP-Werten auszuwählen. Solche Ansätze könnten zu Verzerrungen führen und eine falsche Assoziation zwischen der zentralen Hornhautdicke und dem Risiko eines primären Offenwinkelglaukoms suggerieren.
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