Serin- und Lipidstoffwechsel bei Makulakrankheiten (Mac Tel) und peripherer Neuropathie

Die Makulateleangiektasie (Mac Tel) Typ 2 ist mit einer Prävalenz von 0,0045 % bis 0,06 % zwar eine seltene Makulopathie, die jedoch zum Verlust der zentralen Sehschärfe führen kann. Die Symptome treten üblicherweise im fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt auf. Die Erkrankung weist eine starke genetische Komponente auf, wie Großfamilien mit mehreren betroffenen Familienmitgliedern belegen, wobei das Vererbungsmuster aufgrund der variablen Penetranz und Expressivität der Krankheit nicht eindeutig geklärt ist. Jüngste Erkenntnisse zu MacTel Typ 2 stammen aus genomweiten Assoziations- und Metabolomstudien, die darauf hindeuten, dass die Erkrankung mit niedrigen Serinspiegeln im Blut assoziiert ist. Serin ist ein Substrat in zahlreichen Stoffwechselwegen, einschließlich der Protein-, Nukleotid- und Lipidsynthese. Ob und wie niedrige Serinspiegel die Integrität der Makula beeinflussen, ist unbekannt.

Durch Exomsequenzanalyse eines Patienten mit Mac Tel Typ 2 und seiner Familienmitglieder identifizierten die Autoren eine Variante in SPTLC1, die eine Untereinheit der Serinpalmitoyltransferase (SPT) codiert. Da Mutationen, die die SPT beeinflussen, bekanntermaßen eine erbliche sensorische und autonome Neuropathie Typ 1 (HSAN1) verursachen, untersuchten sie 10 weitere Personen mit HSAN1 auf ophthalmologische Erkrankungen. Die Autoren untersuchten die Serumaminosäure- und Sphingoidbasenwerte, einschließlich der Desoxysphingolipidspiegel, bei Patienten mit Mac Tel Typ 2, jedoch ohne HSAN1 oder pathogene Varianten, die die SPT beeinflussen. Zusätzlich charakterisierten sie Mäuse mit niedrigen Serinspiegeln und testeten die Wirkung von Desoxysphingolipiden auf menschliche Netzhautorganoide.

Zwei Varianten, von denen bekannt ist, dass sie HSAN1 verursachen, wurden als ursächlich für Makulateleangiektasie Typ 2 identifiziert: Von 11 Patienten mit HSAN1 hatten 9 auch Makulateleangiektasie Typ 2. Bei 125 Patienten mit Makulateleangiektasie Typ 2, die keine pathogenen Varianten bezüglich SPT aufwiesen, waren die zirkulierenden Desoxysphingolipidspiegel um 84,2 % höher als bei den 94 nicht betroffenen Kontrollpatienten. Die Desoxysphingolipidspiegel korrelierten negativ mit den Serinspiegeln, die 20,6 % niedriger waren als bei den Kontrollen. Eine Verringerung der Serinspiegel bei Mäusen führte zu einem Anstieg der retinalen Desoxysphingolipide und einer Beeinträchtigung der Sehfunktion. Desoxysphingolipide verursachten den Untergang von Photorezeptor-Zellen in Organoiden der Netzhaut, jedoch nicht in Gegenwart von Regulatoren des Lipidstoffwechsels.
Erhöhte Spiegel atypischer Desoxysphingolipide, verursacht durch die Varianten SPTLC1 oder SPTLC2 oder durch niedrige Serinspiegel, waren Risikofaktoren für MacTel Typ 2 sowie für periphere Neuropathie.


Gantner ML, Eade K, Wallace M, Handzlik MK, Fallon R, Trombley J, Bonelli R, Giles S, Harkins-Perry S, Heeren TFC, Sauer L, Ideguchi Y, Baldini M, Scheppke L, Dorrell MI, Kitano M, Hart BJ, Cai C, Nagasaki T, Badur MG, Okada M, Woods SM, Egan C, Gillies M, Guymer R, Eichler F, Bahlo M, Fruttiger M, Allikmets R, Bernstein PS, Metallo CM, Friedlander M. Serine and Lipid Metabolism in Macular Disease and Peripheral Neuropathy. N Engl J Med. 2019 Oct 10;381(15):1422-1433.