Ursachen, Diagnose und Therapie der negativen Dysphotopsie

Seit fast 20 Jahren geistert ein Begriff durch die Welt der Kataraktchirurgen, der weiterhin ungelöst Kopfzerbrechen auslöst. Die sogenannte negative Dysphotopsie (ND): dabei handelt es sich um einen immer temporal gelegenen, oft als gebogen beschriebenen Schatten, der von Patienten nach unkomplizierter Kataraktoperation als störend angegeben wird.

Die mögliche Ursache dieses störenden postoperativen visuellen Phänomens wird bis dato kontrovers diskutiert. Sie liegt wahrscheinlich in einer geringen Veränderung des Abbildungsmaßstabs durch die neue Linse. Hierdurch kann es zu einer geringfügigen Verschiebung des zum blinden Fleck und zu den zentralen Gefäßen korrespondierenden Objektraums kommen, sodass diese vorübergehend teilweise bemerkt werden. Bis dato wurden keine definitiven Kriterien für die Diagnostik einer ND veröffentlicht.

Aufgrund der Erfahrungen der Studienautoren in 2 Jahren mit 77 Augen (55 Patienten) von 6.031 Kataraktoperationen wurden von ihnen folgende Punkte zur Eingrenzung der Diagnose festgelegt:

1) Störendes dunkles Areal im temporalen Gesichtsfeld nach einer Kataraktoperation mit Linsenimplantation.

2) Fehlen von objektivierbaren Ursachen wie Glaskörpertrübungen, Netzhautschädigungen oder eines verifizierten Gesichtsfelddefekts.

3) Der Schatten wird bei etwa 60–90° peripher vermutet.

4) Er lässt sich objektiv zwischen 10° und 25° im temporalen Gesichtsfeld nachweisen.

5) Er ist nicht immer sichtbar: bei seitlicher Beleuchtung wird er abgeschwächt oder er verschwindet ganz.

6) Die ND wird durch den Ausgleich von auch nur geringen Refraktionsfehlern gebessert oder sie verschwindet ganz.

7) Die ND wird abgeschwächt oder sie verschwindet durch seitliche „Scheuklappen“, z. B. die Hände des Untersuchers.

8) Die ND wird durch Abdecken des Partnerauges abgeschwächt oder sie verschwindet ganz.

Vor jeder Operation sollte über möglicherweise auftretende Dysphotopsien aufgeklärt werden, da die Inzidenz zwischen 1 und 10 % beträgt, ja nachdem wie forciert mögliche Symptome erfragt werden.

Als Stufenplan zur Therapie der ND empfehlen die Autoren:
1) Beschwerden ernst nehmen, Patienten aufklären und beruhigen.

2) Bei persistierenden Beschwerden: Tragen einer Brille auch bei kleinsten Refraktionsfehlern und zwar so lange, bis die ND verschwunden ist.

3) Wenn die Brille nicht getragen werden will oder nicht zur Besserung der ND führt, half bei 2 der untersuchten Patienten eine mehrwöchige Okklusionstherapie.


Wenzel M, Langenbucher A, Eppig T. Ursachen, Diagnose und Therapie der negativen Dysphotopsie [Causes, Diagnosis and Therapy of Negative Dysphotopsia]. Klin Monbl Augenheilkd. 2019;236(6):767-776. doi:10.1055/s- 0043-112855