Ehrung von Botond Roska und José-Alain Sahel mit dem „International Prize for Translational Neuroscience“ für die Entwicklung der Behandlung bei erblicher Erblindung

Chlamydomonas reinhardtii, eine winzige Grünalge, könnte der Schlüssel zur Behandlung der Blindheit sein. Dank ihrer lichtempfindlichen Proteine kann sich die Alge zum Licht bewegen. Diese als Channelrhodopsin bezeichneten Proteine ähneln dabei den lichtempfindlichen Molekülen in menschlichen Sinneszellen im Auge. Forschende haben das Gen für ein Channelrhodopsin in andere Zellen eingeschleust und diese so lichtempfindlich gemacht. Diese als Optogenetik bezeichnete Technik hat in den Neurowissenschaften viele neue Erkenntnisse gebahnt.

Botond Roska hat die Funktionen der verschiedenen Zelltypen in der Retina und die Auswirkungen von Gendefekten in diesen Zellen untersucht. Er entwickelte ein Verfahren, mit dem er Gene mithilfe harmloser Viren gezielt in bestimmte Zelltypen einschleusen kann. Auf diese Weise ist es Roska gelungen, die Sehfähigkeit von blinden Mäusen und menschlicher Netzhaut wiederherzustellen.
Botond Roska ist seit 2010 ist an der Medizinischen Fakultät und seit 2019 Professor an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel. Seit 2018 ist er einer der Gründungsdirektoren des Instituts für molekulare und klinische Ophthalmologie Basel. Dort leitet er eine Forschungsgruppe, die sich auf das Verständnis des Sehens und seiner Krankheiten sowie auf die Entwicklung von Gentherapien zur Wiederherstellung des Sehvermögens konzentriert.

Um das gentechnische Verfahren am Menschen zu erproben, entwickelte José-Alain Sahel eine Gentherapie für Menschen. Sahel erforscht als Augenarzt neue medikamentöse und Gen-Therapien und Netzhautprothesen, um erbliche oder altersbedingte Defekte der Netzhaut zu behandeln. Für eine klinische Studie behandelten die Forscher einen Patienten mit Retinitis Pigmentosa, der vor über einem Jahrzehnt erblindet war. Das Team brachte ein Gen für das lichtempfindliche Molekül Chrimson R in die Netzhaut des Patienten ein. Damit wurden sogenannte retinale Ganglienzellen lichtempfindlich gemacht. Diese Nervenzellen können natürlicherweise keine optischen Signale empfangen. Es dauerte fast fünf Monate, bis die Zellen das Protein dauerhaft produzierten und der Patient erste Seheindrücke wahrnehmen konnte. Das Team um José-Alain Sahel entwickelte zudem eine lichtverstärkende Brille, die die Signale in gelb-orangenes Licht umwandelt und sie in Echtzeit auf die Netzhaut des Patienten überträgt. Messungen der Hirnaktivität ergaben, dass dabei das Sehzentrum im Gehirn aktiviert wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass mit der optogenetischen Therapie die Sehkraft von Betroffenen mit Retinitis Pigmentosa zumindest teilweise wiederhergestellt werden kann. Allerdings ist es noch ein langer Weg, bis diese Behandlung Einzug in die Kliniken halten wird.

José-Alain Sahel wurde 1988 Professor für Augenheilkunde an der Universität Louis Pasteur in Straßburg und 2002 an der Sorbonne Universität in Paris sowie am University College London. 2008 gründete er das Vision Institute in Paris und leitete es bis 2021. Seit 2023 ist er emeritierter Professor an der Sorbonne Universität. Seit 2016 ist er Stiftungsprofessor und Vorsitzender des Vision Institute am University of Pittsburgh Medical Center.

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https://www.mpg.de/prizes/international-prize-for-translational-neuroscience